Die Luft ist raus

von Martin Böhnke

In der 8. Runde der NRW-Klasse bot sich dem SKSC I die letzte Chance, vielleicht doch noch ein Wörtchen um den Aufstieg mitreden zu können. Die Bedingung dafür war ein Sieg gegen den Tabellenzweiten LSV/Turm Lippstadt bei einem gleichzeitigen Punktverlust des führenden SV Hemer. Um es kurz zu machen: Nichts davon kam zustande. Hemer konnte nach einem Sieg den vorzeitigen Aufstieg feiern und bei uns stand am Ende des Tages eine glatte 2,5:5,5 Niederlage zu Buche, mit der wir noch gut bedient waren.

Beide Mannschaften wussten natürlich um ihre letzte theoretische Möglichkeit in Sachen Aufstieg, was Kurzremise zum Tabu erhob, sowie verbissene Zweikämpfe erwarten ließ. Die erste Entscheidung fiel nach knapp drei Stunden Spielzeit an Brett 3, an welchem ich mit meinem Gegner die Slawische Verteidigung diskutierte. Die solide, wenngleich etwas passive Stellung war für mich ungefährlich, bis ich dem Gedanken verfiel, am Damenflügel angreifen zu müssen. Weiß ergriff sogleich die Initiative, zog seine Truppen am Königsflügel zusammen und überrannte mich dort in Windeseile. Kurz vor dem Matt warf ich das Handtuch. 0,0:1,0.

Es folgten zwei glückliche Unentschieden. Thorsten Banik tauschte den starken grünfeld-indischen Fianchetto-Läufer gegen den Sc3 ab, was nicht der Weisheit letzter Schluss gewesen sein dürfte. Denn Weiß konnte prompt ein starkes Zentrum aufbauen und das schwarze Gegenspiel unterbinden. Letztlich konnte Thorsten aber sein 200 Punkte schweres DWZ-Übergewicht in die Waagschale werfen und das Remis eintüten. 0,5:1,5.

Ähnliches trug sich auf dem Brett von Ingo Hille zu. Sein Hippopotamus-Aufbau, so benannt, weil die Bauernstruktur b6, d6, e6, g6 mit den Springern auf d7 und e7 den Namensgeber an ein im Wasser liegendes Nilpferd erinnerte, konnte diesmal nicht überzeugen. Der weiße Raumvorteil war evident und Ingo fiel es deshalb nicht schwer, rasch das Remisangebot von Weiß zu akzeptieren, nachdem es ausgesprochen war. 1,0:2,0.

Am Spitzenbrett kam es zur Revanche zwischen Pascal Werrn und dem aktuell jüngsten Mittglied der deutschen Nationalmannschaft, dem 12-jährigen FM Hussain Besou. Konnte Pascal im letzten Jahr noch einen überraschenden Sieg einfahren, kam er diesmal in der sizilianischen Rossolimo-Variante unter die Räder. Nachdem die Position anfangs noch passabel für Schwarz aussah, als Pascal sich das Läuferpaar sichern und den Doppelbauern auflösen konnte, nahm der Druck auf der c-Linie und im Zentrum alsbald stetig zu. Der aufspießende weiße Läufer auf g5 gewann schließlich Material in Form von zwei Leichtfiguren für einen Turm. Am Ende wickelte Weiß in ein leicht gewonnenes Turmendspiel mit zwei Mehrbauern ab und der Drops war gelutscht. 1,0:3,0.

Georg Waldschmidt hatte mit IM Dr. Stefan Wehmeier den nominell stärksten Lippstädter als Gegner erwischt. Georg wählte mit Weiß die Spanische Eröffnung und sah sich kurz darauf einem heftigen Angriff am Königsflügel ausgesetzt. Ein Läuferopfer für drei Bauern zerschlug die Deckung seines Monarchen. Doch Georg gelang es, diese durch einen Schutzwall aus Figuren zu ersetzen. Die Hoffnung, die Stellung halten zu können, lebte. Ausgerechnet im letzten Zug vor der Zeitkontrolle stellte Georg seinen Mehrläufer jedoch so unglücklich hin, dass ihn sich Schwarz durch eine Reihe gezielter Schachs abholen konnte. Das hoffnungslose Endspiel wollte sich Georg nicht mehr zeigen lassen und gab auf. 1,0:4,0.

Frank Müller blieb die wenig ehrenvolle Aufgabe, unsere Niederlage durch ein Remis zu besiegeln. Der weit vorgeschobene weiße Bauer auf g6 war eher schwach, als dass er Vorbote eines aufziehenden Königsangriffs gewesen wäre. Letztlich kam es zum Generalabtausch der Figuren und man einigte sich auf das Unentschieden. 1,5:4,5.

Das orthodoxe Damengambit, welches Jörg Becker auf dem Brett hatte, schien sich zunächst vorteilhaft für ihn zu entwickeln, weil Jörg mit Weiß einen Angriff am Königsflügel starten konnte. Bald stand die g-Linie offen und die weiße Dame turnte in der schwarzen Stellung umher. Schließlich verspeiste sie den a-Bauern. Nach einem Generalabtausch verblieb Weiß mit dem Mehrbauern im Läuferendspiel. Doch bei genauem Hinsehen wurde klar, dass die Lage gar nicht so rosig war, denn alle wichtigen Bauern standen bei Weiß auf der falschen Farbe, der Felderfarbe der Läufer, und außerdem verfügte Schwarz über Raumvorteil. Und so kam es, dass es Jörg war, der unter Druck geriet, den Bauern wieder abgeben musste und am Ende hilflos zusah, wie sich ein schwarzer Freibauer den Weg zur Grundreihe bahnte. 1,5:5,5.

Zum Abschluss gab es dann den einzigen Lichtblick des Tages zu vermelden. Dmitrij Rohovoy spielte wie Jörg gegen ein orthodoxes Damengambit, war mit seinem Druckspiel im Zentrum und am Damenflügel aber erfolgreicher. Mehrere Angriffsmarken, z.B. der rückständige Bauer b6 als auch die gelockerte schwarze Königsstellung, gaben früh Anlass zur Hoffnung auf den vollen Punkt. In der Zeitnotphase konnte Dmitrij einen Bauern erobern, aus dem dann eine Qualität wurde. Nach Abtausch der Damen und dem Umschiffen der letzten technischen Klippen, wurde der Sieg nach Hause geschaukelt, wodurch unser Spielstand etwas geschönt wurde. Endstand: 2,5:5,5.

Die Ergebnisse der 8. Runde:

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