Chistopher Graw in der 4NCL und beim Cambridgeshire Grand Prix

Christopher GrawPost aus England! Wie auf unserer Seite schon zu lesen war, studiert Christopher Graw zurzeit an der University of Cambridge und ist neben seinem Studium auch schachlich in England unterwegs. Heute hat uns Christopher wieder einen interessanten Bericht über seine Aktivitäten rund um das Schach geschickt, für den wir uns herzlich bedanken.

Hier der Bericht von Christopher:

Four Nations Chess LeagueDas letzte Wochenende der Four Nations Chess League fand vom 30.4. bis zum 2.5. im Hinckley Island Hotel auf dem Land nahe der Stadt Leicester statt. Der Cambridge University Chess Club stellt zwei Teams von aktuellen und ehemaligen Studenten sowie Freunden. Das erste Team spielt in der ersten Division, das zweite Team in der zweiten Division. Beide spielten dieses Jahr in der Abstiegsrunde, wobei die erste Mannschaft hier einen komfortablen zweiten Platz erreichen konnte, während die zweite Mannschaft droht, in die dritte Division abzusteigen, was bedeutet, dass man in Zukunft nur noch an sechs statt acht Brettern spielen würde.

Ob dies geschehen wird, hängt vor allem davon ab, ob die zum Aufstieg berechtigten Mannschaften dies tatsächlich in Anspruch nehmen wollen. Die meisten Mannschaften der 4NCL sind keine Vereinsmannschaften, wie es bei uns üblich ist. Dies erklärt die Vielzahl seltsamer und phantasievoller Teamnamen wie z.B. Sambuca Sharks oder Pride und Prejudice (starkes Team mit vielen GMs, wurde dieses Jahr Meister).

Ich reiste zusammen mit meinem Zimmernachbarn Alexander am Samstag mit dem Zug an, was von Cambridge aus etwa zwei Stunden dauerte, vom Bahnhof mussten wir dann noch eine halbe Stunde zum Hotel laufen. Dort angekommen, teilte man uns mit, dass wir unser Zimmer erst nach 14 Uhr zur Verfügung hätten, weshalb wir zunächst einmal in die erste Runde gehen mussten, ohne unser Zimmer zu sehen. Dafür haben wir uns dann nachher umso mehr der komfortablen Ausstattung des Raumes erfreut.

In der ersten Runde spielten wir gegen die Stadtauswahl von Warwick, mein Gegner war ein Jugendspieler mit einer Zahl von etwa 2050. Trotz knapper Vorbereitung vor der Partie kam ich schlecht aus der Eröffnung heraus, konnte aber dank des fehlerhaften Spiels meines Gegners letztlich doch gewissen Vorteil erreichen. Diesen verspielte ich dann aber durch eine Vielzahl von Fehlern wieder, so dass die Partie letztlich nach langem Kampf remis endete.

Nach der Partie fuhren wir mit beiden Teams zu einem Gasthof, wobei allerdings der Fahrer unseres Taxis zunächst in die falsche Richtung fuhr, was die Planung etwas durcheinander brachte. Nach dem Essen kehrten wir zurück zum Hotel, wo wir noch eine Weile dem Bier, dem Blitz und auch dem gefürchteten Tandem zusprachen.

Da die Sonntagspartie erst um 13 Uhr begann, konnten wir also ausschlafen und am nächsten Morgen in Ruhe unser englisches Frühstück zur Stärkung für den kommenden Schachkampf zu uns nehmen. Nach kurzer Vorbereitung entschloss ich mich, entgegen meiner üblichen Gewohnheiten, mal Nimzo-Indisch zu spielen. Es entstand eine typische Igelstellung, die Partie gegen einen seit den 60ern aktiven, mittlerweile CM, endete schließlich in einem unspektakulären Remis.

Nach der Runde gab es wieder gemeinsames Essen und Beisammensein, doch aufgrund der Tatsache, dass die Montagsrunde bereits um 11 Uhr begann und wir danach noch die Rückreise vor uns hatten, begaben sich letztlich alle früh ins Bett.

In der letzten Partie traf ich auf den englischen FM Peter Sowray. Ich geriet von Anfang an in eine schwierige Stellung, die ich letztlich durch mehrere Fehlentscheidungen weiter zum Verlust verdichtete. Es gelang mir zwar letztlich noch einen spektakulären Angriff auf das Brett zu zaubern, leider drang dieser aber nicht durch, wodurch mir nur die Resignation blieb. Insgesamt blieben also eine solide Schwarzpartie und zwei sehr durchwachsene Weißpartien zu konstatieren. Ich hatte den Eindruck, dass der Weg zu alter Stärke, gleichwohl der erste Schritt gemacht war, doch ein steiniger werden würde.

Dieser Eindruck bestätigte sich auch diesen Sonntag (8.5.), als ich an einem Schnellturnier im Rahmen des Cambridgeshire Grand Prix teilnahm. Zusammen mit Alexander war ich nach Peterborough gereist, um an diesem 5-rundigen Schnellturnier (30min/Spieler und Partie) teilzunehmen. Die Ausgangsposition erschien nicht sehr günstig, da ich motiviert durch einen gewissen Oberhausener Schachfreund in der Nacht zuvor einen Blitzmarathon auf chess.com hinter mich gebracht hatte und lediglich während der Hinfahrt gut 30 Minuten Schlaf bekam.

Entsprechend zeigten vor allem die ersten drei Partien wieder eine Vielzahl grober Fehler, zu meinem Glück aber auch oft von Seiten des Gegners. In der ersten Partie verlor ich nach der Eröffnung die Übersicht und landete schlussendlich in einem schlechten Endspiel mit zwei Türmen gegen eine sehr aktive Dame. Mein Gegner erlaubt es mir die Türme zu aktivieren und das Remis zu forcieren.

In der zweiten Partie gelang es mir, eine Abwicklung in ein Vorteilhaftes Endspiel mit Mehrqualität zu forcieren. Leider wählte ich nicht die beste von mehreren möglichen Abwicklungen und landete so in einem remislichen Endspiel, dass ich letztlich aufgrund meines Übermuts in eine Verluststellung umwandelte. Doch das Glück war mir hold und mein Gegner ließ sich durch eine kleine, auf einem Zwischenzug basierende Falle in ein verlorenes Bauernendspiel locken.

In der dritten Partie spielte mein Gegner eine minderwertige Eröffnungsvariante. Ich wählte allerdings nicht die korrekte Fortsetzung und erhielt eine nachteilige Stellung, in der ich sogar eine Figur stehen ließ, was mein Gegner allerdings übersah. Nach dieser glücklichen Fügung erreichte ich dann ein vorteilhaftes Endspiel, das ich konsequent verwertete.

In der vierten Partie stellte mein Gegner bereits nach 10 Zügen einen Springer ein, versuchte dann noch zu kämpfen, aber musste sich letztlich der Überzahl geschlagen geben. So war ich letztlich durch eine Mischung aus Glück (Partien 2 und 3) und ruhiger Vorteilsverwertung (Partien 3 und 4) nach vier Runden mit 3,5 Punkten direkt hinter dem Favoriten GM Mark Hebden mit 4 Punkten und einen halben Punkt vor dem Rest des Feldes.

In der letzten Partie musste ich dann mit Weiss gegen den Grossmeister spielen. Ich entschied mich für die Abtauschvariante im Königsinder und konnte schliesslich trotz zwischenzeitiger leichter Vorteile für meinen Gegner ein ausgeglichenes Endspiel erreichen. Die Partie endete dann auch bald mit folgerichtigem Friedensschluss.

Insgesamt hatte ich sehr viel Spass an diesen beiden Veranstaltungen und war froh, dass sich trotz teils verheerender Fehler schlussendlich eine positive Tendenz zeigt.

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Kommentare

Super Bericht. Vielen Dank Christopher!

Sorry, hätte ich das gewusst hätte ich dich niemals darauf angesprochen. Aber Glückwunsch zum doch gut verlaufenen Turnier, und man sieht einmal mehr: Für gute Leistungen muss man nicht umbedingt schlafen ;)

mfg

PP

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